Kann man den Vagus über die Klopfakupressur aktivieren?
Der Vagusnerv ist in aller Munde und vielleicht fragst Du Dich gerade, was dran ist an dem Hype. Was ist der Vagusnerv eigentlich und was kann eine Stimulation des Vagusfür Dich tun? Welche Rolle spielt dabei die EFT-Klopfakupressur? Darum geht es in diesem Beitrag.
Was ist der Vagusnerv?
Der Vagusnerv ist der 10. von 12 Hauptnerven, die zwischen Deinem Gehirn und Körper verlaufen. Dabei ist der Vagusnerv der längste, komplexeste und vielfältigste. Er ist Teil des vegetativen Nervensystems und des Parasympatikus. Mit der Polyvagaltheorie von Stephen Porges ist der Vagus-Nerv besonders ins Zentrum des Interesses gerückt, denn Porges beschreibt ein neues Verständnis des Nervensystems. Ging man früher davon aus, dass das autonome Nervensystem aus zwei Strängen besteht, nämlich dem Sympatikus und dem Parasympatikus, so erkannte Stephen Porges, dass der Vagus sich aus zwei Nervenzweigen zusammensetzt. Es gibt den dorsalen, älteren Vagus-Zweig ist und den ventralen ventralenVagus.
Warum ist der Vagus wichtig?
Das gesamte Nervensystems ist wichtig für unser Immunsystem und unsere Leistungsfähigkeit. Es nimmt Signale und Informationen aus unserer Umwelt auf, leitet sie zur Weiterverarbeitung an unser Gehirn und sorgt so für eine angemessene Reaktion, immer mit dem Ziel, den Körper vor existentiellen Gefahren zu schützen. All diese Abläufe finden dabei jenseits unserer bewussten Wahrnehmung statt.
Der Vagusnerv hat vielfältige Aufgaben. Er steuert unter anderem unsere Herzfrequenz, die Verdauung und die Funktion der Nieren. Er sorgt dafür, dass unsere inneren Organe gut zusammenarbeiten und durch die beruhigende Wirkung auf den aktivierten Sympatikus beeinflusst er indirekt auch unseren Blutdruck. Ebenfalls ist der Vagus mit dem enterischen Nervensystem, sprich unserem Darmtrakt verbunden. So können auch Informationen aus dem Darm schnelle zu unserem Gehirn gelangen. Sogar in die die Entzündungsreaktion des Körpers ist der Vagusnerv involviert. Gelingt es den Vagus positiv zu stimulieren, wirkt sich seine Entlastung positiv auf das gesamte Wohlbefinden aus.
Der Vagusnerv in Aktion
Im Rahmen seiner Forschungsarbeit fand Stephen Porges heraus, dass das Nervensystem entscheidende Handlungsinformationen an das Gehirn sendet. Es ist ein Informationsaustausch zwischen Nervensystem und Gehirn und umgekehrt. Dabei prüft das Nervensystem ständig, ob die Umgebung bedrohlich oder sicher ist. Diese Kontrolle findet ohne unser Bewusstsein völlig automatisch statt und wird von Porges als Neurozeption bezeichnet. Je nach Bewertung der Situation aktiviert das Nervensystem eine der folgenden Reaktionen
- Ist die Umgebung sicher, ist der ventrale Vagus aktiv und wir sind in der Lage sozial zu interagieren
- Wird die Umgebung als unsicher eingestuft, aktiviert das Nervensystem den Kampf- und Fluchtmodus. Der Sympatikus wird aktiviert und es wird viel Energie freigesetzt, um anzugreifen oder zu flüchten
- Erscheint eine Situation als lebensgefährlich, aber Flucht und Angriff sind nicht möglich, dann erstarrt das ganze System auf Grund der Aktivität des dorsalen Vagus
Die Reaktionen folgen dabei einer festgelegten Reihenfolge: zunächst wird versucht, über soziale Interaktion die Gefahr zu bannen. Ist das nicht möglich schaltet das System um in „Kampf oder Flucht“ und wenn auch dies erfolglos ist greift die letzte und auch älteste Lösung: Erstarrung.
Trauma und der Vagus
Dieser letzte Versuch, das physische, rein körperliche Überleben zu sichern durch Erstarrung ist wichtig für das Verständnis von Trauma und dem Umgang mit Traumafolgen. Denn viele Betroffene werfen sich nach dem Trauma-Erleben vor, dass sie hätten anders handeln sollen. Dies ist aber unmöglich, wenn im Körper das Signal gesendet wurde, „vollkommen zu erstarren“, um eine Chance auf Überleben zu haben.
Auch jedes spätere Nachdenken über das Erlebte aktiviert im Körper Reaktionen wie „Enge im Brustkorb“, „weiche Knie“ oder „Herzrasen“. Diese körperlichen Reaktionen sorgen für Signale von Gefahr und obwohl Du während des Nachdenkens in einer sicheren Umgebung bist, wird Dein Flucht- und Kampf-System hochgefahren, um Dich zu schützen. Diese „Missinterpretation“ sorgt im Nervensystem für eine dauerhafte Überreizung und in der Folge zu den bekannten körperlichen Reaktionen wie Schlaflosigkeit, innere Unruhe, Reizbarkeit, Empfindsamkeit , innere Leere oder Herzrasen.
Was kannst Du tun?
Wenn Du Dich mit der Regulation Deines Nervensystem oder konkret dem Vagus beschäfigst, findest Du häufig folgende Tipps:
- Yogaübungen
- Tai Chi
- Bewegung an der frischen Luft
- Verzicht auf Suchtmittel wie Kaffee, Nikotin, Alkohol oder Zucker
- frische Nahrungsmittel und bestenfalls selbst kochen
- singen, summen, tönen
- gurgeln
Alle diese Tipps sind hilfreich und eine ideale Ergänzung für den Alltag. Oft aber lässt sich das Gedankenkarrussel und der Stress, den es auslöst dennoch nur schwer unterbrechen. Darum möchte ich Dir empfehlen, die Klopfakupressur zu diesen Tipps hinzuzunehmen. Die Klopfakupressur hat sich in der Behandlung von post-traumatischem Stress bewährt und viele Betroffene berichten davon, wie sich sich ruhiger fühlen und nervlich stabiler.
Ein Grund dafür ist sicherlich, dass das Klopfen einen körperlichen Impuls auslöst, der beruhigend wirkt. Das heißt, selbst wenn der Körper zunächst hochfährt mit den bekannten belastenden Gefühlen, dann lernt das Gehirn durch die neuen Signale, die Situation jetzt richtig einzuschätzen: Ich bin in Sicherheit, obwohl das belastende Gefühl da ist. Auf diese Weise verändert sich zunehmend die körperliche und emotionale Reaktion auf das Erlebte und es wird möglich, darüber nachzudenken ohne sofort körperlich aus dem Gleichgewicht zu kippen.
Wie eine Klopfrunde dazu aussehen kann, findest Du in diesem Video:
Mach es wie die Tiere!
Bestimmt hast Du schon einmal gesehen, wie Tiere reagieren, wenn sie eine Bedrohung überstanden haben: sie schütteln sich! Und die allerbeste Übung, die es gibt, um das autonome Nervensystem zu entlasten ist das neurogene Zittern oder auch TRE (Trauma Releasing Exercises) Das Zittern ist ein Selbstheilungsreflex, den Dein Körper wie von selbst wählt, um sich selbst zu regulieren. Aber in den allermeisten Fällen lassen wir diese Regulation nicht mehr zu, weil wir vermeiden möchten, dass andere beobachten, dass es uns schlecht geht.
Dabei ist dieser Reflex die beste körperliche Antwort auf ein überspanntes Nervensystem. Und in meiner Praxis beobachte ich, dass es für Klienten mit Depression, tiefer Traurigkeit, innerer Leere oder auch Trauma-Erfahrung eine wertvolle Ergänzung ist, zur Klopfakupressur auch das neurogene Zittern einzusetzen.
Und wie Du jetzt erfahren hast, muss als erstes der Körper beruhigt werden, um darauf aufbauend alle anderen Veränderungen möglich zu machen. Dein Körper ist die Basis für alles weitere.
Du möchtest das Zittern jetzt unbedingt wieder bewusst praktizieren?
Wie Du das neurogene Zittern am besten und am einfachsten anwendest, das erfährst Du in meinem Online Workshop. Der nächste Workshop findet in 2024 statt.
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