Das Schweigen brechen kann überraschend gut helfen
Ein schockierendes Erlebnis, ein Trauma oder eine außergewöhnlich starke Angst führen häufig dazu, dass die Betroffenen darüber schweigen. Die Scham ist übermächtig und die Angst ist groß, mit diesem empfundenen Makel erkannt zu werden. Warum es eine bessere und gesündere Strategie ist, das Schweigen zu brechen, darum geht es in diesem Video und Blogbeitrag:
Was unterscheidet das normale Erinnern von einem traumatischen?
Bessel van der Kolk zitiert in seinem Buch „Verkörperter Schrecken“ eine von ihm und Kollegen durchgeführte Studie, die am Massachusetts General Hospital durchgeführt wurde. 76 Teilnehmer wurden im Rahmen dieser Studie nach Erinnerungen befragt, an die sie sich zeitlebens gerne erinnern und Erinnerungen, die für sie einen großen Schrecken oder ein Trauma bedeuten. So hatten viele Teilnehmer der Studie eine Vergewaltigung erlebt. Im Kern zeigten sich zwei wesentliche Unterschiede: Die Art, wie die Erinnerung organisiert ist und wie der Körper auf diese Erinnerung reagiert.
Warum gibt es Unterschiede in der Erinnerung?
Normale Erinnerungen z.B. an einen Schulabschluss oder eine Geburtstagsfeier haben einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Die körperlichen Reaktionen darauf sind nicht unangenehm und zuweilen kommt es vor, dass man die Ereignisse sogar vergisst bis man wieder erinnert wird. Normale Erinnerungen greifen auf rationale und emotionale Anteile gleichermaßen zurück und produzieren eine integrierte Reaktion. Starke Erregungszustände, wie Angst oder Schock schalten die rationalen Anteile aus. Dieses Vorgehen folgt dem archaischen Überlebensprinzip von Flucht, Angriff oder Starre, was ausschließlich durch das emotionale Gehirn, das limbische System gesteuert wird. In der Folge ist auch das Abspeichern der Erinnerungen gestört, weil die Integration von emotionalem und rationalem Anteil ausbleibt. Die Erinnerung an ein belastendes Erlebnis wird lückenhaft, in Teilen emotional zu stark und unorganisiert erinnert.
Eine natürliche Reaktion, die für Unruhe sorgt
Es liegt in der Natur von uns Menschen, dass wir unangenehmes und belastendes gerne weit von uns schieben und am liebsten vergessen würden. Eine Möglichkeit, die wir dazu nutzen ist, zu schweigen. Wenn wir über das schlimme Erleben nicht sprechen müssen, kann es uns auch nicht belasten. Diese Strategie kommt leider an ihre Grenzen und funktioniert nicht dauerhaft.
Es kostet die Betroffenen enorm viel Energie, sich davor zu schützen, wieder erinnert zu werden. Diese Energie fehlt für das ganz normale Leben mit Freude, Lebendigkeit oder auch Zuversicht und Motivation. Darüberhinaus lässt sich die Kontrolle über das „Wegsperren der Erinnerung“ nicht aufrechterhalten, wenn unerwartet Gerüche, Farben oder Töne auftauchen, die die verdrängte Erinnerung aktivieren. Eine weitere Folge des Schweigens und des Versuchs, die Kontrolle zu bewahren ist Vereinsamung. Je weniger Begegnungen man eingeht, umso weniger Gefahr droht. Die Isolierung aber verstärkt das Gefühl, einen Makel zu haben, nicht mehr vollwertig zu sein und die soziale Isolierung nährt den Boden von Ängsten und Depression. „Das Schweigen führt zum Tod der Seele“, so schreibt Bessel van der Kolk.
Die bessere Kontrolle – so gelingt sie Dir!
Wenn Du nun selbst betroffen bist und bisher über Deine Schrecken eher geschwiegen hast, aber nun darüber nachdenkst, einen neuen Umgang damit zu wählen, dann kannst Du folgendes tun.
Triff die Entscheidung, das Schweigen zu brechen!
Auch wenn es zu Beginn Mut kostet, das Schweigen zu brechen und die damit verbundene Scham zu überwinden, winkt Dir ein großer Gewinn. Denn Du gewinnst Energie zurück. In dem Augenblick, in dem Du aufhörst, zu schweigen, hört der Kampf gegen Dich selbst auf. Der Stress, der immer wieder unbewusst ausgelöst wurde, durch Dein Bemühen Dich vor Triggern an die Erinnerung zu schützen, lässt nach. Dein Hormonsystem, Dein Nervensystem empfangen erstmals wieder Signale von Entspannung und Du gewinnst Lebensqualität zurück.
Der zweite Schritt folgt sogleich:
Nach diesem wichtigen ersten Schritt, die Entscheidung zu treffen, nicht mehr zu schweigen, folgt ein zweiter.
Vielleicht bist Du schon so stabil, energiegeladen und mutig, dass Du Dir sofort einen professionellen Begleiter an die Seite holst, um alles aufzuarbeiten. Möglicherweise brauchst Du aber noch einen Zwischenschritt. Der könnte so aussehen, dass Du Dir selbst erst einmal zuhörst und Dir selbst das Mitgefühl, das Verständnis und auch den Trost schenkst, den Du von Deinen Mitmenschen gebrauchen könntest. Dieser Zwischenschritt unterstützt Dich zudem dabei, die Scham abzubauen und die Verletzlichkeit als das, was sie ist, anzuerkennen. Du bist verletzt worden. Darum geht es Dir nicht gut und trotzdem bist Du noch ein wertvoller Mensch, ein Teil der Gesellschaft und bleibst willkommen.
Hilfe mit EFT- Klopfen
Mit Hilfe der Klopfakupressur kannst Du diesen Zwischenschritt idealerweise kombinieren. Dazu beantworte vorbereitend folgende Fragen und kreiere aus den Antworten Deine Klopfsätze:
- Was ist die größte Sorge oder Angst, die Dich bisher davon abgehalten hat, über das Erlebte zu sprechen?
Der Klopfsatz beginnt dann so:
Auch wenn ich bisher große Angst habe/ hatte, darüber zu sprechen, weil …… achte ich mich.Es ist ok, dass ich mir Zeit genommen habe/ Zeit nehme, um den für mich richtigen Zeitpunkt zu finden, das Erlebte zu verarbeiten, auch wenn es mich viel gekostet hat/ viel kostet.
- Hast Du Vertrauen, dass Du zu einem späteren Zeitpunkt trotz dieses Erlebnis ein gutes Leben führen kannst?
Der Klopfsatz beginnt dann so:
Auch wenn ich viel/ wenig / kein Vertrauen habe, dass ich dieses Erlebnis jemals so überwinde, dass ich ein gutes Leben führen kann, achte ich mich für diese Ehrlichkeit. Jeden Tag kann ich neu prüfen, ob ich mehr Vertrauen habe. Tief in mir schlummert eine unbändige Kraft, die Zeit braucht, um sich wieder zu zeigen. Ich bin es mir wert, mir diese Zeit zu geben, auch wenn es mir schwer fällt.
- Kannst Du Dir vorstellen, irgendwann mit einem Therapeuten/ Berater oder Coach über Deine Erlebnisse zu sprechen, mit dem Ziel, es ein für allemal hinter Dir zu lassen und nur noch die daraus gewonnene Kraft zu nutzen?
Der Klopfsatz beginnt dann so:
Auch wenn ich mir jetzt gut / noch gar nicht / vielleicht vorstellen kann, über meine Erfahrungen zu sprechen, damit ich sie künftig ohne emotionale Belastung erinnern kann, liebe und achte ich mich. Ich habe es bis heute so gut gemacht wie ich konnte und ich bin stolz darauf, dass ich den ersten Schritt gegangen bin, mir selbst gegenüber voller Mitgefühl zu begegnen.
Warum die Klopfakupressur?
Die Klopfakupressur ist die einzige Methode, die Du auch allein anwenden kannst, ohne Fehler zu machen und die mit der Anwendung dafür sorgt, dass während Du emotional entlastet wirst, während Du über etwas nachdenkst und es aussprichst. Das Klopfen aktiviert immer die Körpererinnerung und die emotionale Erinnerung, die mit dem Sachverhalt verbunden ist. Aber auf eine Weise, dass Du das aushalten kannst. Daher fühle nach jedem Satz, den Du klopfst, ob körperlich oder emotional eine bestimmte Reaktion auftaucht. Ist dem so, dann klopfst Du dieses Reaktion wie folgt:
Ich nehme die Reaktion von … jetzt voll und ganz und ich bleibe dabei mit meiner Energie in meinem Körper. Ich bin jetzt sicher!
Hier findest Du eine konkrete Anleitung zur Klopfakupressur für drei Runden. Du kannst sie nutzen, um mit den Reaktionen oder auch den Antworten zu den Fragen oben zu klopfen.
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klicke hier direkt zum Video (Start der Klopfrunde bei Minute 13:00)
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Die Klopfakupressur sorgt für eine Stabilisierung Deines Nervensystems und Hormonhaushaltes. Das Klopfen beruhigt, schafft Distanz und verbindet die mentale mit der emotionalen und körperlichen Ebene. Dadurch wird es möglich, dass Du ein Gefühl von mehr Distanz erfährst, weil nun die oben beschriebene Trauma-Erinnerung Stück für Stück in eine „normale“ Erinnerung verwandelt wird. Mit jedem Klopfen lässt sich ein Stück der Fragmente an die richtige Stelle fügen und so können emotionales und rationales Erinnern wieder zusammenarbeiten.
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Du möchtest den zweiten Schritt lieber in Begleitung gehen? Ich stehe Dir jederzeit gerne persönlich, telefonisch oder online zur Verfügung. Vereinbare einen Gesprächstermin mit mir unter post@tina-husemann.de